Pater Placidus a Spescha richtete sein irdisches Leben ganz auf «das Himmlische» aus. Und zwischen Himmel und Erde stehen nun mal die Berge. Ihnen – und besonders dem Tödi – gehörte sein Herz. Der 1752 in Trun geborene Giuli Battesta war Klosterschüler in Disentis, bevor er in die Benediktinerabtei aufgenommen und 1782 zum Priester geweiht wurde. Fortan bekannt als Placidus a Spescha, versuchte er stets dem Himmel näherzukommen. Ganz so, wie es sich für einen Priester gebührt. Jedoch nicht durch intensive Gespräche mit Gott, sondern indem er Berge bestieg. Obgleich er auf seinen ausschweifenden Bergtouren immer bemüht war, die priesterlichen Pflichten zu erfüllen, stiessen seine Expeditionen auf viel Unverständnis. Man munkelt, ihm sei sogar das Gehalt gekürzt worden wegen seiner vielen Ausflüge in die Berge. Aber auch das hielt den Pater nicht davon ab, sich den Schuh des verwegenen Abenteurers anzuziehen, als das Bergsteigen noch in den Kinderschuhen steckte. Zahlreiche namhafte Erstbesteigungen, darunter die des Piz Terri, gehen auf die Kappe – oder Kutte – des Paters. Das Tödi-Massiv – göttlicher Grenzberg zwischen Glarus und Graubünden – hatte es dem Pater besonders angetan. Das Massiv mit den drei Gipfeln Piz Russein, Glarner Tödi und Sandgipfel ist der höchste Berg in der Nordostschweiz und galt lange Zeit als unbezwingbar. Auf beiden Seiten des Berges – sowohl im Glarner- als auch im Bündnerland – träumten viele davon, von seinem Dach die Welt zu überblicken. Die ersten Besteigungsversuche wurden schliesslich Ende des 18. Jahrhunderts von der Bündner Seite her unternommen. Es war kein anderer als Pater Placidus a Spescha, der die riskante Bergtour als Erster wagte. Trotz wiederholter Anstrengungen blieb ihm aber die Erstbesteigung des Tödi vergönnt. Seinen letzten Versuch unternahm er mit stolzen 72 Jahren. Immerhin durfte er am Fernrohr mitverfolgen, wie die beiden einheimischen Bündner Jäger, Placidus Curschellas und Augustin Bisquolm, am 1. September 1824 auf dem Gipfel des Piz Russein (3623 m) standen. Der Pater gönnte es den jüngeren Alpinisten von Herzen. Er war nie verbissen darauf, der Erste zu sein. Ihm ging es stehts um die Sache – und nicht um sich selbst. So pflegte er zu sagen: «Wenn es nicht mehr vorwärtsgehen will, so gebe er seine Vorstellungen auf. Denn es ist besser, seiner Einsicht, als dem Unglück nachzugeben.» Der Pater erlebte die Bezwingung der beiden anderen Gipfel des Tödi-Massivs, 1837 und 1871, von der Glarner Seite her leider nicht mehr.