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Kulinarik & Sport in einem

Ich esse gerne und ich langlaufe gerne. Ersteres seit jeher, Letzteres erst seit Jänner.

In Ersterem bin ich Meisterin, in Letzterem kann, was nicht ist, auch nicht mehr werden. So oder so macht mir Langlaufen Spass – und Essen sowieso. Also auf nach Trun an den Nordic Culinaric, an den Event, der beides verbindet.
Etwas Überwindung kostet es mich schon, so alleine nach Trun an den Nordic Culinaric zu fahren; an den Langlaufevent, an dem nicht die schnellste, sondern die beste Zeit zählt: Die Zeit, die man beim gemeinsamen Langlaufen, Schlemmen und gemütlichen Zusammensein verbringt. Trun – Disentis retour, mit kulinarischen Zwischenstopps vom Zmorgen bis zum Zmittag, klassisch oder geskatet. So hörte ich sagen und so wird es dann wohl auch sein. Trotzdem: Ein wenig mulmig ist mir schon zumute, – mir als nordischer Neuling und Alleinreisende. Werde ich Anschluss finden? Schaffe ich es überhaupt, die Strecke vor dem Mittagessen zurückzulegen? Aber kneifen gilt nicht. Dafür ist es jetzt zu spät. Ortsschild Trun. Ich bin da. Schnell finde ich einen Parkplatz, wechsle in meine Langlaufschuhe, schultere elegant die Skier – auch das soll gekonnt sein – und mache mich auf den kurzen Weg zur grossen Schreinerei-Halle der Tarcisi Maissen SA gleich neben der Loipe. Ab dort soll es nach einem ausgiebigen Bündner Frühstück losgehen. Vom nahen Vorderrhein weht mir der Januarwind eisig entgegen und lässt mich frösteln. Er trägt aber auch den zarten Duft von frischem Kaffee mit sich – und damit das Versprechen, dass der Tag nur gut werden kann! Nase in die Luft und nichts wie nach dem Duft!

Der Style-Faktor zählt

Was zählt ist nicht die schnellste, sondern die schönste Zeit

Der Style-Faktor zählt

Was zählt ist nicht die schnellste, sondern die schönste Zeit

Vor der Schreinerei-Halle haben sich schon etliche Langlaufende versammelt. Um die zweihundert werden erwartet. Hier spielen ein paar Kinder fangen, dort laufen sich die ambitionierten Sportler und Sportlerinnen bereits warm. Dazwischen finden sich immer wieder fachsimpelnde Grüppchen, eng zusammenstehend mit dampfenden Tassen in den Händen. Sie lachen gemeinsam und klopfen sich auf die Schultern, wie es gute Freunde unter sich tun. Etwas weiter hinten bei der Loipe bereiten Helfer der beiden Skiclubs Trun und Disentis schon den Start vor – und ich hatte noch nicht einmal Kaffee. Also los jetzt! Schnell schlüpfe ich durch das massive Tor in die warme Halle. Drinnen vermischt sich der verlockende Duft von Kaffee mit dem heimeligen Duft frisch gefrästen Holzes. «Hia isch no an Platz frai», werde ich von einem Mann freundlich begrüsst, der für mich gleich ein Stück zur Seite rutscht. Über schwarzem Kaffee und Holzofenbrot erfahre ich, dass der Mann Aluis Tambornino ist, OK-Präsident des Nordic Culinaric und selbst leidenschaftlicher Langläufer. Er müsse gleich weiter, meint er, aber ich soll es mir ruhig noch schmecken lassen und man sehe sich nachher auf der Loipe. «Probiar vum Alpkääs, der isch bsundars guat!» Gesagt, getan … und getan … und gleich nochmals getan. Mmh, mir schmeckt der Langlaufevent!

Mit leeren Bäuchen geht keiner nach hause

Ein Langlaufevent, der richtig gut schmeckt

Mit leeren Bäuchen geht keiner nach hause

Ein Langlaufevent, der richtig gut schmeckt

Als ich vollgemampft und zufrieden gefühlt zum Start rolle, ist die Halle bis auf die fleissigen Helfer der organisierenden Skiklubs fast leer gefegt. Sie klappern und scheppern mit den Tellern. Am Nordic Culinaric ist nach dem Essen eben auch vor dem Essen. «Tschau, bis zum Zmittag!» Die Teilnehmenden der Disziplin «Nordic Classic» haben sich bereits auf den Weg gemacht. Ich starte eine halbe Stunde später mit der Mehrheit in der Disziplin «Skating». Schnell setzt sich eine kleinere Gruppe vorne ab. Das sind die Läufer und Läuferinnen, die in Disentis eine Extraschlaufe laufen wollen und so fast die doppelte Strecke vor sich haben. Wir anderen nehmen es gemütlich. Ich laufe mich langsam auf Betriebstemperatur und geniesse die mystische Atmosphäre am jungen Rhein. Ein leichter Nebel steigt vom Fluss auf und legt sich wie eine schützende Decke über uns Langlaufenden. Der tiefe Winter verschluckt alle entfernten Geräusche und lässt unsere Stockeinsätze den Takt schlagen. Toc, toc, toc – gleichmässig wie Metronome. Fast hypnotisch. Die Strecke führt über eine perfekt präparierte Loipe flach entlang des Flusslaufes. Erlen im starren Winterkleid säumen unseren Weg. Frostig, aber fantastisch. Nicht mehr lange und die ersten Sonnenstrahlen werden auch den Talboden erreichen. Und ich erreiche nach sechs Kilometern das Dörfchen Surrein und die erste kulinarische Zwischenstation auf meinem Weg. Hallo Kaffee, hallo Kuchen, hallo Gespräche über den kantonalen Langlauf-Gott und die Welt. Mit der bin ich gerade sehr im Reinen. Mit der Waage morgen wohl nicht mehr – aber mit der Welt heute schon. Weiter geht es über die mächtige Ebene von Surrein in Richtung Pardomat und der Sonne entgegen. Die taucht ob dem Dorf Sumvitg etwa gleichzeitig auf wie Aluis Tambornino neben mir. «Alles guat bi diar?» Ich solle versuchen, das rechte Bein nicht gar so sehr anzuheben, locker nachziehen reiche, meint er: «Das schont Kraft.» Der Tipp funktioniert, und die Unterhaltung schwenkt schnell ab: hoch zu den mächtigen Brigelser Hörnern, die von den Einheimischen «ils Cavistrai» genannt werden. Zu der Berggruppe gehören die Dreitausender «Cavistrau Pign», «Cavistrau Grond» und der «Péz Tumpiv», erfahre ich von Aluis. Der verabschiedet sich beim nächsten kulinarischen Posten mit einem Stück Butterzopf winkend und zieht weiter Richtung Disentis. Ich schliesse mich derweil einer grösseren Gruppe punschschlürfender Unterländer an. Sie seien schon zum dritten Mal dabei und würden mich unter ihre Fittiche nehmen, meinen sie fröhlich. Gemeinsam mit Hinz und Kunz, Ralf, Simon, Flurina, Annabel und all meinen anderen neuen Bekannten lege ich die restliche Strecke zurück und die Zeit vergeht fast schon zu schnell. Auf dem Rückweg schwärmen wir noch lange von der köstlichen Gerstensuppe, die wir in Disentis genossen haben und seit Surrein klimpern in unseren Rucksäcken fröhlich ein paar Flaschen Hochprozentiger im Takt der Langlaufstöcke mit: Souvenirs vom letzten Zwischenstopp auf unserer Route, der traditionellen Brennerei «Destillaria Candinas», wo wir mit einem feinen Schnaps auf den Tag anstiessen. In der Schreinerei-Halle in Trun richten die Skiclubs derweil bereits das Mittagessen. Heiter weiter geht die Schlemmerei! Und irgendwann, lange nachdem das üppige Dessertbuffet abgeräumt sein wird, werde ich mich verabschieden. Mit einem Schulterklopfen. So wie es gute Freunde unter sich tun. «Tochen gleiti – bis bald.»