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Stillgelegte Sauerstofffabrik besuchen

Wie aus Luft Sauerstoff oder Stickstoff wird

Dass bis 2005 eine Fabrik in Ilanz Atemluft ansog, diese in Einzelstoffe «zerlegte» und die Endprodukte neuen Nutzungen zuführte, ist nur wenig bekannt. Ein Besuch in einer stillgelegten Sauerstofffabrik. Zu finden ist die Ende der 60er-Jahre erbaute und etwas versteckte Lufttrennanlage zuhinterst an der Via Santeri in einem Ilanzer Industriequartier. Betritt man das Gebäude, wähnt man sich in einer anderen, vergangenen Zeit. Mechanische Geräte, Schaltpulte, Kompressoren und geheimnisvolle Röhrensysteme erzählen von einem Produktionskreislauf, den man in Ilanz kaum erwartet: «In dieser Fabrik, die die letzte ihrer Art ist, wurde bis 2005 im Auftrag der Armee Sauerstoff, Stickstoff und Pressluft fabriziert», weiss Markus Diethelm vom Festungsmuseum Sperre Trin. Er betreut diesen seltsamen Maschinenpark. Um unabhängig von der Privatwirtschaft zu sein, wurde einst in den drei Anlagen Langenthal BE, Luchsingen GL und eben in Ilanz Umgebungsluft angesogen, komprimiert und in einem Molekularsieb entfeuchtet. In einem weiteren Wechselbetrieb zwischen Trennturm und Entspannungsmaschine wurde das Kondensat abgekühlt – wobei abgekühlt recht nett tönt. «Bei Minus 183 Grad wurde der Sauerstoff flüssig, bei Minus 196 Grad auch der Stickstoff», erklärt Diethelm das Prozedere. Allerdings war das noch nicht das Ende der Produktionskette. «Die gewonnenen Flüssigkeiten wurden auf einen Kondensator geleitet und verdampft respektive in Gasform umgewandelt und in grossen Ballons im Dachstock des Fabrikgebäudes zwischengelagert», führt er weiter aus. Bis 10 000 Liter Gas habe ein solcher Ballon gefasst.

Ilanzer Sauerstoff

Diverse Nutzungen der Endprodukte

Ilanzer Sauerstoff

Diverse Nutzungen der Endprodukte

Genutzt wurden die produzierten Stoffe auf vielfältige Weise. «Abgefüllt in 2,5-Liter-Flaschen, gehörte der Ilanzer Sauerstoff zur Grundausrüstung jedes Kampfpiloten, grössere Einheiten kamen in 200-Liter-Flaschen als medizinaler Sauerstoff in Militärspitälern zum Einsatz und der Stickstoff wurde zum Schweissen oder zum Ausblasen der Hülsen von verschossener Munition eingesetzt», berichtet Diethelm. Zum Abschluss der kurzen Führung durch das «Museum» erwähnt Diethelm, sogar die für die Anlage nötige Energie sei direkt vor Ort produziert worden – und führt in einen angrenzenden Nebenraum. «Um auch diesbezüglich unabhängig vom örtlichen Energienetz zu sein, wurde ein mehrere Tonnen schwerer 400-PS-Schiffsmotor nach Ilanz geschafft.» Betrieben worden sei das Ungetüm mit Diesel und habe pro Stunde Laufzeit mehr als 40 Liter verbrannt. Heute werde das Monster nur noch gelegentlich für Funktionskontrollen angeworfen.

Schlechtwetterprogramm: Führungen sind möglich

Gefährliche Arbeiten

Schlechtwetterprogramm: Führungen sind möglich

Gefährliche Arbeiten

Dass die Arbeit in der Sauerstofffabrik nicht ganz ungefährlich war, beweist die Notfalldusche gleich beim Eingang. «Die Mitarbeitenden seien angewiesen gewesen, ihre Kleider täglich zu wechseln, denn ein Ölfleck auf dem Overall und Sauerstoff würden sich schlecht vertragen. Heute sei ein Besuch in der Fabrik jedoch absolut ungefährlich, auch wenn ein Besucher, eine Besucherin aus Versehen irgendeinen der vielen Knöpfe drücken oder Hebel bedienen sollte, beruhigt Diethelm, «das ganze System ist ausser Betrieb und zudem fehlt das exakte Wissen, um die Anlage wieder fachgerecht in Betrieb zu nehmen.» Wer sich die interessante Anlage ansehen will, kann das aktuell an einzelnen Freitagen und Samstagen pro Monat tun. Auf Anfrage sind auch Gruppenführungen möglich. Wie lange das Gebäude, das im Eigentum der Stadt Ilanz ist, noch stehen werde, sei jedoch offen, mutmasst Diethelm, irgendwann werde es wohl abgerissen. Hinweise zu Führungen sind im Veranstaltungskalender von Surselva Tourismus zu finden.